Drei von vier Marken sind völlig austauschbar

27.05.2021 - Für die inzwischen zwölfte Ausgabe des halbjährlich erscheinenden Meaningful Brands Report hat Havas Mitte 2020 weltweit mehr als 395.000 Menschen befragt.

Dass die Verbraucher Brands bisweilen mehr Kompetenz bei der Lösung sozialer Probleme zutrauen als der Regierung, ist für Markenartikler eigentlich eine große Chance. Doch leider scheitern die meisten Marken daran, die in sie gesetzten Erwartungen auch zu erfüllen. Aus einer aktuellen Umfrage von Havas geht vielmehr hervor, dass die Konsumenten von den meisten Brands bitter enttäuscht sind. Das Ziel einer jeden Marke, sich unverzichtbar zu machen, gelingt daher auch nur den wenigsten.

Für die inzwischen zwölfte Ausgabe des halbjährlich erscheinenden Meaningful Brands Report hat Havas Mitte 2020 weltweit mehr als 395.000 Menschen befragt. Das Ergebnis dürfte Marken-Verantwortlichen so gar nicht gefallen. Denn bei den Verbrauchern macht sich nicht nur ein zunehmender Zynismus breit. Die Umfrage zeigt auch eine wachsende Kluft zwischen den Erwartungen, die Konsumenten an Marken haben, und den Lösungen, die diese anbieten.

Begründet wird das mit der zunehmend verzweifelten Suche der Verbraucher nach Authentizität. Gefragt seien sinnvolle und nachhaltige Maßnahmen zum Wohle der Gesellschaft und des Planeten, teilt Havas mit - und belegt das auch mit Zahlen: So sind 73 Prozent der Befragten der Meinung, dass Marken jetzt zum Wohle der Gesellschaft und des Planeten handeln müssen, und 64 Prozent der Menschen - eine Steigerung von 10 Prozentpunkten seit 2019 - kaufen inzwischen bevorzugt bei Unternehmen mit einem klar definierten Brand Purpose ein. Ein solcher kann sich für die Unternehmen durchaus auszahlen: Denn mehr als die Hälfte, nämlich 53 Prozent der Befragten, ist bereit, mehr für eine Marke zu bezahlen, die zu gesellschaftlichen und ökologischen Themen klar Stellung bezieht.

Das Problem ist: Die Suche der Verbraucher nach Marken, die eine Haltung einnehmen und diese dann auch tatsächlich vorleben, verläuft offenbar in der Regel ergebnislos. Laut Havas werden viele Verbraucher von den oft "leeren Versprechungen" der Marken jedenfalls "schmerzlich enttäuscht".

Die Folgen sind dramatisch - auch für die Marken selbst. Aus dem Meaningful Brands Report, für den die Markenbedeutung in funktionaler, persönlicher und kollektiver Hinsicht gemessen wurde, geht hervor, dass 75 Prozent der Marken von heute auf morgen verschwinden könnten, ohne dass das jemanden interessieren würde. Die Bedeutung von Marken hat damit seit Beginn der globalen Umfrage im Jahr 2009 stetig abgenommen.

„Die Konsumenten sind umgeben von dem, was sie als leere oder gebrochene Versprechen wahrnehmen - auf allen Ebenen unserer Gesellschaft.“ Mark Sinnock

Dazu passt, dass es auch um das Vertrauen in Marken nicht sonderlich gut bestellt ist. Der Umfrage zufolge haben 71 Prozent der Befragten wenig Vertrauen, dass Marken ihre Versprechen auch einhalten. Was noch schlimmer ist: Nur 34 Prozent der Verbraucher glauben, dass Unternehmen in Bezug auf ihre Versprechen transparent kommunizieren. Kein Wunder also, dass das Vertrauen in Marken unter dem Strich einen historischen Tiefstand erreicht hat: Laut Havas gelten nur 47 Prozent der globalen Marken als vertrauenswürdig - Tendenz sinkend. In Nordamerika sind es sogar nur 39 Prozent, in Ostasien noch weniger - nämlich 24 Prozent.

Aus Sicht von Mark Sinnock ist für die Verbraucher ein Zeitalter des Zynismus angebrochen. "Die Konsumenten sind umgeben von dem, was sie als leere oder gebrochene Versprechen wahrnehmen - auf allen Ebenen unserer Gesellschaft - und wir beginnen, die Auswirkungen dieses Misstrauens auf Marken zu erkennen", sagt der Global Chief Strategy Officer der Havas Creative Group. Sinnock glaubt, dass die Herausforderungen für Unternehmen in Zukunft eher größer als kleiner werden. "Je mehr Behauptungen sie aufstellen, um Veränderungen auf kollektiver, gesellschaftlicher Ebene zu bewirken, und je häufiger diese Versprechen nicht erfüllt werden, desto größer wird die Kluft zwischen dem, was wir erwarten und dem, was wir tatsächlich bekommen", so Sinnock . Dadurch werde sich auch der Zynismus noch stärker ausbreiten.

Für Greg James sollte der Report den Marken daher als Weckruf dienen. Ziel müsse es sein, das Leben der Kunden auf allen Ebenen zu verbessern. "Das muss ganz oben auf der Agenda jeder Marke stehen", sagt der Global Chief Strategy Officer der Havas Media Group. mas

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