Produktaufmachung

Produktinhalte bei Lebensmitteln sind in der EU nicht immer identisch

Europäische Kommission - Pressemitteilung vom 24.06.2019 - Marke ist nicht gleich Marke. Produkte weisen unterschiedliche Inhalte auf.

Die Kommission hat heute die Ergebnisse einer europaweiten Testreihe für Lebensmittelprodukte veröffentlicht, die zeigen, dass einige Produkte unter der gleichen oder einer ähnlichen Marke und Verpackung verkauft werden, aber nicht die gleiche Zusammensetzung aufweisen.Seit seiner Rede zur Lage der Union 2017 hat sich Kommissionspräsident Juncker dafür eingesetzt, die Frage der Doppelstandards bei der Qualität von Produkten anzugehen. Die Europäische Kommission hat verschiedene Initiativen vorangetrieben und heute die Ergebnisse einer Studie vorgelegt, in deren Rahmen EU-weit Produkte nach derselben Methodik getestet wurden, um Doppelstandards bei der Qualität von Lebensmitteln in der EU besser bewerten zu können. Die Studie wurde von der Gemeinsamen Forschungsstelle – dem kommissionseigenen wissenschaftlichen Dienst – durchgeführt und umfasste eine Analyse von fast 1.400 Lebensmittelprodukten in 19 EU-Ländern. Aus der Studie ging hervor, dass bei 9 % der verglichenen Produkte eine unterschiedliche Zusammensetzung vorlag, wenngleich die jeweilige Packungsvorderseite gleich aussah. Weitere 22 % der Produkte mit unterschiedlicher Zusammensetzung wurden mit einer ähnlichen Packungsvorderseite beworben. Im Rahmen der Studie ließ sich kein einheitliches geografisches Muster ermitteln. Die zuständigen nationalen Behörden können nun auf der Grundlage der neu entwickelten Methodik die betreffenden Fälle einzeln prüfen, um irreführende Praktiken zu ermitteln, die nach dem EU-Verbraucherrecht untersagt sind.

Tibor Navracsics, Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport und zuständig für die Gemeinsame Forschungsstelle, erklärte: „Es gibt unter den europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern die Wahrnehmung, dass von ihnen erworbene Markenlebensmittel sich von einschlägigen anderswo erhältlichen Produkten unterscheiden und – möglicherweise – schlechter sind. Die Kommission hat ihren wissenschaftlichen Dienst beauftragt, zu der objektiven Bewertung, wie verbreitet solche Unterschiede im Binnenmarkt sind, beizutragen. Die Bilanz fällt gemischt aus: Zwar ist zu begrüßen, dass sich hinsichtlich der Zusammensetzung von Markenlebensmitteln keine Anzeichen für eine Kluft zwischen Ost und West feststellen ließen, doch erfüllt es mich mit Sorge, dass knapp ein Drittel der geprüften Produkte eine unterschiedliche Zusammensetzung aufwies, aber als identisch oder ähnlich vermarktet wurde.“

Die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, Věra Jourová, fügte hinzu: „Im europäischen Binnenmarkt wird es nicht zweierlei Standards geben. Mit den neuen Vorschriften, die Doppelstandards bei der Qualität unter Strafe stellen und die Verbraucherschutzbehörden stärken, verfügen wir über die erforderlichen Instrumente, um diesen Missstand abzustellen. Die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher werden uneingeschränkt darauf vertrauen können, dass der Packungsinhalt des von ihnen gekauften Produkts den Angaben auf der Packung genau entspricht.“

Wichtigste Ergebnisse
Im Rahmen der Studie wurden 1 380 Proben von 128 verschiedenen Lebensmittelerzeugnissen aus 19 Mitgliedstaaten untersucht. Diese Stichprobe ist jedoch nicht repräsentativ für die enorme Vielfalt an Lebensmittelprodukten im Binnenmarkt. Aus der Studie ging Folgendes hervor:
In den meisten Fällen entsprach die Zusammensetzung der Produktaufmachung: Bei 23 % der Produkte waren sowohl die jeweilige Packungsvorderseite als auch die Zusammensetzung identisch; bei 27 % der Produkte wurde die je nach EU-Land unterschiedliche Zusammensetzung durch eine andere Packungsvorderseite signalisiert.

9 % der Produkte wurden als in der gesamten EU identisch angeboten, wiesen aber unterschiedliche Zusammensetzungen auf: Bei diesen Produkten sah die Packungsvorderseite gleich aus, während die Zusammensetzung nicht identisch war.
Weitere 22 % der Produkte wiesen eine ähnliche Aufmachung, jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung auf: Bei diesen Produkten sah die Packungsvorderseite ähnlich aus, während die Zusammensetzung nicht identisch war.
Es gibt kein einheitliches geografisches Muster bei der Verwendung derselben oder einer ähnlichen Verpackung für Produkte mit unterschiedlicher Zusammensetzung. Darüber hinaus bedeuten Unterschiede in der Zusammensetzung der geprüften Produkte nicht zwangsläufig einen Unterschied in der Produktqualität.

Maßnahmen der Kommission in diesem Bereich
Seit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2017 in seiner Rede zur Lage der Union auf die Frage der Doppelstandards bei der Qualität von Produkten eingegangen ist, hat die Europäische Kommission verschiedene Initiativen vorangebracht:
- Im Rahmen der kürzlich vereinbarten neu gestalteten Rahmenbedingungen für die Verbraucher wurde präzisiert, wann Doppelstandards bei der Qualität von Produkten als irreführende Praxis zu betrachten sind;
- es wurde eine einheitliche Testmethodik für Lebensmittel eingeführt; es wurden Leitlinien zur Unterstützung der nationalen Behörden bei der Anwendung der EUVerbraucher- und -Lebensmittelvorschriften erarbeitet;
- zur Problemlösung wurden mehr als 4,5 Mio. EUR bereitgestellt;
- um Doppelstandards bei der Qualität von Produkten besser bewerten zu können, werden Testreihen für Produkte in der gesamten EU nach derselben Methodik durchgeführt.

Die nächsten Schritte
Die Europäische Kommission veröffentlicht heute eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen mit einem Gesamtvolumen von 1,26 Mio. EUR, um die Kapazitäten von Verbraucherorganisationen für die Prüfung von Produkten und die Ermittlung potenziell irreführender Praktiken zu stärken. Die Frist für die Einreichung von Vorschlägen endet am 6. November 2019.

Hintergrund
Nach den Rechtsvorschriften der EU könnte die mitgliedstaatenübergreifend gleiche Vermarktung von Waren, die sich in ihrer Zusammensetzung oder ihren Eigenschaften ohne legitime und objektive Gründe wesentlich voneinander unterscheiden, für Verbraucher irreführend sein und als unlauter und rechtwidrig gelten.

In der von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission durchgeführten Studie wird die Marktlage in den 19 teilnehmenden Mitgliedstaaten (im Erhebungszeitraum November-Dezember 2018) beschrieben. Mit der Testreihe reagiert die Europäische Kommission auf Bedenken in Bezug auf Lebensmittel von zweierlei Qualität. Die Auswahl der Produkte erfolgte auf der Grundlage von Vorschlägen der Mitgliedstaaten, nachdem bei Verbraucherschutzbehörden bzw. -verbänden
Beschwerden eingegangen waren.

Die Prüfung stützte sich auf eine harmonisierte Methodik‚ die von der Gemeinsamen Forschungsstelle in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten entwickelt wurde. Diese Methodik ermöglicht eine vergleichbare Probenahme, Prüfung und Datenauswertung in der gesamten EU. Alle EU-Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, Daten zur Zusammensetzung der ausgewählten Lebensmittelprodukte zu erheben, die auf ihren Märkten angeboten werden. 19 EU-Mitgliedstaaten übermittelten Angaben zu 113 Markenprodukten und 15 Eigenmarkenprodukten. In einem ersten Schritt stützt sich diese Analyse auf die auf den Produktetiketten und auf der Packungsvorderseite angegebenen Informationen.

Der jetzt vorgelegte Bericht wird eine bessere Grundlage für den Umgang mit der Doppelstandard-Problematik in der EU bieten. Es sind jedoch weitere Schritte und Forschungsarbeiten erforderlich, um zu einer repräsentativeren Bewertung zu gelangen und die Zusammenhänge zwischen Zusammensetzung und Qualität besser zu verstehen.

An der Erhebung waren die folgenden Mitgliedstaaten beteiligt: Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, die Niederlande, Polen, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.

Foto: Pixabay 155207