Influencer-Marketing

Wie Influencer-Marketing langfristig erfolgreich bleibt

Ein Beitrag aus HORIZONT online im Mai 2018

Wenn eine Werbedisziplin im Aufwind ist, dann Influencer Marketing. Daran hat sich auch 2018 nichts geändert. Dennoch hakt es in der Zusammenarbeit zwischen den Social-Media-Stars und ihren Auftraggebern bisweilen beachtlich. Hendrik Martens hat sich darüber Gedanken gemacht.

In seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online geht der CCO der Künstler-Agentur flow:fwd den Ursachen auf den Grund - und gibt praxisnahe Tipps, wie Unternehmen mit Influencern umgehen sollten. Viele Unternehmen unterliegen immer noch dem Irrtum, Influencer Marketing wie einen klassischen Werbekanal zu behandeln und die Zusammenarbeit mit einem Influencer nach altbekannten Kampagnenrastern zu planen. Das funktioniert aber nicht. Influencer sind eben keine klassischen Werbe-Testimonials, die einfach brav das aufsagen, was die Marketing-Abteilung ihnen gerne einflüstern will. Vielmehr liegt die Stärke der Influencer darin, eigenen unverwechselbaren Content zu schaffen, der sowohl zum Creator – wie sich viele Influencer selbst nennen - als auch zu dessen Fans sowie zur Marke eines Unternehmens passt. Diese Balance gilt es fein auszutarieren. Mit fertig ausgearbeiteten Kampagnen, die dann eins zu eins umgesetzt werden sollen, wird man im Influencer-Marketing keinen Erfolg haben. Unternehmen müssen also umdenken und sich von bekannten Mustern verabschieden. Das beinhaltet auch die Form der Zusammenarbeit.

Sparring für Influencer und Unternehmen
Hinter vielen erfolgreichen Influencern steht ein Management. Die meisten Unternehmen möchten aber direkt mit den Influencern kommunizieren und arbeiten. Das ist einerseits verständlich, andererseits beruht es eben auf der Fehlannahme, bei den Creators handele es sich um 0815-Werbe-Testimonials. Influencer sind vielmehr selbst Künstler, die sich vor allem damit beschäftigen wollen, spannende Geschichten zu erzählen, die bei ihren Followern gut ankommen. Was sie nicht wollen ist: Sich um Verträge, Timings und Budgetverhandlungen zu kümmern. Genau das ist die Aufgabe von Firmen wie auch unserer, nämlich als Mittler zwischen Influencer-Künstler und Unternehmen zu vermitteln, so dass der gesamte Prozess geschmeidig und ohne große Reibungsverluste läuft und Content entsteht, mit dem alle Seiten happy sind.

Ein Influencer ist nämlich ebenso eine Marke mit einem Wert, Ansehen und einer Heritage wie ein Produkt oder Unternehmen. Und die Influencer-Marke muss eben auch zur Kundenmarke passen, sonst wird der Content schnell holprig und Interaktion, Views und Likes bleiben hinter den Erwartungen zurück. Influencer-Kooperationen sind Markenkooperationen. Gerade das Team hinter einem Influencer hilft maßgeblich dabei, die Schnittmengen etwa bei Zielgruppe und Markenstory auszuloten. Aber auch dafür zu sorgen, dass der Künstler einen gewissen Freiraum behält, den er für seine Arbeit braucht.

Keiner kennt den Influencer so gut wie sein Management. Agenturen und Unternehmen meinen, einen Creator zu kennen. Tatsächlich basiert ihr Eindruck auf dem öffentlichen Bild des Influencers, den schönen Bildern, spannenden Videos und Blogs sowie auch auf dem Gossip rund um den Influencer. Vergessen wird dabei, dass hinter diesem Image ein Mensch steckt. Ein Kreativer, der eben oft verplant ist, den Hang hat, auch einfach mal das zu tun, was andere gerade nicht wollen. Jeder hat einen anderen Rhythmus, der eine ist in der Lage, morgens schon auf Mails oder WhatsApp-Nachrichten zu reagieren, der andere lebt im permanenten Jetlag und dreht bis in die Morgenstunden und ist dann natürlich bis nachmittags im Off.

All diese Details weiß das Management. Ihm vertrauen die Influencer eben auch. Weil sie wissen, dass das Team seine Werte, Wünsche und Anliegen verteidigt. Nur wenn dem Creator der Rücken freigehalten wird, kann sich dieser voll und ganz auf die Inhalte konzentrieren. Gleichzeitig sorgt das Management-Team dafür, dass die Zusammenarbeit im Zeit-, Kosten- und Erwartungsrahmen auch in Richtung Kunde funktioniert. Es ist also ein Sparring zu beiden Seiten. Darüber hinaus unterstützt ein Management den Influencer natürlich bei der Ideen- und Konzeptentwicklung.

Influencer wollen glaubwürdig bleiben
Die Zusammenarbeit mit Influencern muss man sich nämlich wie ein Ping-Pong-Spiel vorstellen. Der Kunde hat eine Idee, der Creator denkt darüber nach, kommt mit seinen Vorstellungen zurück und dann beginnt die eigentliche Arbeit. Dafür muss ein Kunde mehr Zeit und Flexibilität mitbringen als bei Kampagnen. Eine Markenkooperation mit einem Influencer ist immer ein Annäherungsprozess. Geld spielt dabei für Influencer nie die Hauptrolle. Reichweitenstarke Creator wollen vor allem coolen Content entwickeln. Sie sind Freigeister, denen man Raum geben muss, Inhalte mitzugestalten. Dann laufen sie zur wahren Stärke auf.

Ziel des Influencers ist es immer, inspirierenden Content zu entwickeln, der zum intensiven Dialog mit seiner Zielgruppe führt. Und das ist ja letztlich auch im Interesse des Unternehmens. Die Person mit all ihren Ecken und Kanten hinter einer Influencer-Kooperation muss immer noch spürbar sein. Wenn Content zu weit weg vom Creator ist, geht das auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Und ist somit für Unternehmen rausgeschmissenes Geld. Die erfolgreichsten Influencer-Kampagnen sind jene, die null Werbesprech nutzen, sondern auch mal mit Ironie und Pranks arbeiten. Jedes Konzept ist wie ein Solitär, ein individuell maßgeschneidertes Content-Paket und damit unverwechselbar. Ist das nicht genau das, wonach Unternehmen immer suchen?

Out-of-the-box denken: Comedy statt Lifestyle
Neben der richtigen Erwartung, welche Rolle ein Influencer spielt, und der besonderen Art, mit ihm umzugehen, ist die Wahl des richtigen Creators ebenso entscheidend für den Erfolg einer Zusammenarbeit. Das ist ja mittlerweile schon kalter Kaffee, der aber immer noch in den Großraumbüros der Konzerne getrunken wird. Die meisten Unternehmen kennen sich nämlich in der Szene kaum aus. Sie haben meist von drei, vier reichweitenstarken Influencern gehört, die öfter mal in den Medien sind wie etwa Bibis Beauty-Palace, die erfolgreichen Zwillinge Lisa und Lena, Simon Unge und Fitness-Queen Pamela Reif, das war’s auch schon. Doch rein auf Reichweite zu setzen, ist dabei etwas kurz gesprungen. Auch hier geht es um den Glaubwürdigkeitsaspekt. Wer passt wirklich zur Aufgabe und zum Kunden? Leider wird noch zu wenig darauf geachtet, ob es überhaupt einen Markenfit gibt.

Dabei kann es so viel spannender und erfolgsversprechender sein, Influencer in Betracht zu ziehen, die gerade erst im Aufwind sind und noch nicht zig Kooperationen gemacht haben. Oder Creator zu entdecken, die eine spitze Nische bedienen, aber genau die Zielgruppe erreicht, die das Unternehmen im Auge hat. Man kann zu großartigen Kooperationen kommen, wenn man mal Out-of-the-box denkt. Warum immer nur in Lifestyle und nicht mal in Comedy denken zum Beispiel?
Für die Auswahl des richtigen Influencers sollten sich Unternehmen also deutlich mehr Zeit nehmen. Und sich im Zweifelsfall beraten lassen oder eben mit den Management-Teams von Influencern sprechen, denn diese sind für weit mehr gut als nur für die Kontaktaufnahme zum Influencer selber. Denn mit der Wahl des passenden Creators schaffen sie erst wirklich das strategische Fundament für eine erfolgreiche Influencer-Kooperation. Die Zeiten des wilden Aktionismus sind einfach vorbei. Erst die Professionalisierung der Branche macht Influencer-Marketing zu dem, was es längst ist. Eine langfristige und ernstzunehmende Ergänzung im Marketing-Mix.

© Hendrik Martens flow:fwd und HORIZONT